Regler CD published by At War With False Noise (Glasgow)
April 2021
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Regler have been trying to get to the bottom of our concepts of musical genre for ages now: from the breadth of the source of all modern rock, (Regel#9: Blues) to the most narrowly-defined sub-sub-genre of them all (Regel#4: Harsh Noise Wall) . Now they tackle the most obtuse non-genre of them all, "No Wave". If No Wave is the rejection of punk rock cliche, then what is Regler the rejection of? Or maybe Regler aren't about rejection at all; they're maximalists who take the fulcrum of an idea and smash the fuck out of it for an hour until neither they nor the listener can take any more.
How does this apply to No Wave?
A discordant guitar line, played over and over?
A thousand skronking saxphones?
Repetition?
NO!
How do you musically characterise a movement that defined itself by negation, rejection?
You don't.


Reviews:


Revue & Corrigée (March 2022)

« Regler have been trying to get to the bottom of our concepts of musical genre for ages now: from the breadth of the source of all modern rock, (Regel#9: Blues) to the most narrowly-defined sub-sub-genre of them all (Regel#4: Harsh Noise Wall) . Now they tackle the most obtuse non-genre of them all, "No Wave". If No Wave is the rejection of punk rock cliche, then what is Regler the rejection of? Or maybe Regler aren't about rejection at all; Repetition? NO! How do you musically characterise a movement that defined itself by negation, rejection? You don’t. » Derrière le projet Regler (qui se traduit du suédois par règles), il y a Mattin, figure iconoclaste de l’improvisation et des musiques expérimentales, questionnant de façon radicale les pratiques contre-culturelles se voulant subversives, alternatives aux formes spectaculaires de la culture, portant la critique d’une radicalité revendiquée de ces scènes qui souvent n’est qu’une posture médiatisée. Après le Blues, le Metal et le Harsh Noise Wall, Mattin et son complice le batteur Anders Bryngelsson s’intéresse à la No-Wave, qui fût vécu comme le dépassement de la musique Punk, au moment même où elle s’inventait, sa phase critique et terminale. Pour ce projet ils ont débauché le sax free italien Dario Fariello les accompagnant sur cet enregistrement live enregistré à Oslo, s’appliquant à déconstruire cet idiome qui jouait déjà de la déconstruction. Quelles sont les règles à suivre pour s’identifier au genre, les principes formels qu’on retrouve commun à ces groupes ? Dans les notes de pochette, ils s’interrogent sur leur démarche, à savoir s’ils ne seraient pas simplement dans la répétition de ce qui eut lieu à New-York à la fin des seventies. Regel serait la négation de la négation No-Wave, l’affirmation positive du rock comme meta critique de notre culture aliénée. Echappent-ils pour autant à la dimension spectaculaire intrinsèque à toute l’Histoire du rock ? A l’écoute on serait tenté de le croire, tant ils jouent sur la frustration et l’effondrement des riffs dans un no man’s land silencieux. Qu’est-ce qui se joue là ? De la No-Wave sur laquelle on aurait plaqué un sax free façon Andy MacKay, ce que les groupes new-yorkais ne faisaient pas, un faux pas ou au contraire un choix délibéré de ne pas respecter les règles. Guitares et toms accentuent les rythmiques trouées de l’école new-yorkaise, coupures brutales des riffs mono-maniaques et des tambours, laissant de grands silences angoissants entre les feedbacks, start and stop ! Là où les new-yorkais cherchaient l’asphyxie. La bande à Mattin joue des tensions extrêmes et des coupures, mais il n’y a pas ce lâcher prise comme dans DNA, Mars, The Blue Humans, Teenage Jesus & the Jerks. Tout semble joué avec froideur et calcul comme lors d’une expérience de laboratoire, nous faisant entendre dans sa déconstruction les éléments concrets du genre, soustractions et économies des moyens, monophonie inspirée et appel à l’insurrection rock n’roll, rage et inspiration. Regler impose de longs silences entre les déflagrations soniques, comme un macro fait sur le vide entre deux sons. Le silence serait l’essence même du rythme, sauf qu’on ne l’entend plus dans la saturation sonore ambiante. On reconnait dans ce disque tous les « trucs » qui constituaient la No-Wave, à la façon d’un mécano démonté. Pour autant ça n’annule pas le pouvoir de renversement des aficionados du CBGB, ça le prolonge, le rejoue et nous rappelle que le rock n’est jamais une affaire de technique mais d’esprit.
Michel Henritzi


Bad Alchemy (October 2021)

Licking Ears, fucking Brains - Mattin (Berlin)

Mattin Artiach, kurz MATTIN, hat, zuletzt mit "Songbook #6" (2017), als konzeptioneller Ka­putt- & Wachmacher eine konstante Präsenz in BA. Entgangen ist mir demnach mit "Song­book #7" (Munster Records, 2019) als a disintegrated manifesto exploring the truth of dis­agreement in Rückbesinnung auf etwa Red Crayola and Art and Language sein nächster Hammer- & Sichelwurf, mit dem er die Petrograder Revolution 1917 und Germaine Bertons Attentat auf einen Wortführer der Action Française 1923 in Erinnerung ruft als kollektiv-kommunistische und anarchistisch-individuelle Notwehr gegen die kapitalistische Ausbeu­tung und die faschistische Bedrohung. Mit Verschwörungserzählungen sind das Crack für das Zeitalter der Hoffnungslosigkeit als Diagnose der »Freundinnen und Freunde der klas­senlosen Gesellschaft«, dem Berliner Zweig des »Kosmoprolet«-Netzwerks, positionieren sich Mattin & Genoss*en mit Slavoj Zizeks 'Mut der Hoffnungslosigkeit' und Anthony Iles, Mirene Arsanios, Federica Bueti, Ray Brassier, Samo Tomšič als Denkanstoßgeber*n gegen Verblendung ebenso wie gegen den 'aufgeklärten Zynismus 4.0', gegen die Propagandistenfalscher Paradiese und die Darth Vaders der Apokalypse, gegen Kon­ditionierung, Selbstgefälligkeit und Identitätsbesessenheit. Mit Lenins Aprilthesen als Bettlektüre wird im Roten Salon Kerenskis Menschewiki-Regentschaft im Juli '17 zum so­zialdemokratisch-parlamentarischen Verrat an der Revolution. Als Erben dieser falschen Option bliebe einem in einem Staat, der die Herrschaft der Finanzbarone garantiert, weshalb der junge Bucharin ihn noch vollständig zerstören wollte, nur die Wahl des Ver­arschers und der Lieblingsmarken. 0,0 % wählten die MLPD, 0,0 % die DKP, 4,9 % Die Linke. Wobei die groteske Theatralik der "Songbook #7"-Show die Einstellung zur Demokratie, zu Wahlen, zu revolutionären Zielen und Mitteln sowie dem Ich oder Wir, das sie verfolgen könnte, letztlich in der Schwebe lässt und vorläufig die Sympathie für zivilen Ungehorsam noch jede Sympathy for Satan überwiegt. Einen roten oder meinetwegen schwarzen Faden bildet währenddessen auch Mattins Kol­laboration mit dem Drummer Anders Bryngelsson als REGLER. Ihre Reihe von Dekonstruk­tionen von Free Jazz & Noise Core ("Regel #3"), Harsh Noise ("Regel #4"), Manfred Werder ("Regel #5"), Techno & Drone ("Regel #6"), Metal ("Regel #8") oder Blues ("Regel #9") kon­frontiert sich nun bei Regel #11 (No Wave) (At War With False Noise, ATWAR207) mit der Erschwernis, dass No Wave selber bereits die totale Verneinung als Raison d'Être re­klamiert. Wie müsste, wie könnte ein Nein zweiter Ordnung klingen? Wie lässt sich, was nach Lydia Lunch dissident um jeden Preis sein und klingen wollte, als würde man sich die Seele auskotzen, festmachen, um es zu potenzieren, zu maximalisieren? Antwort: Indem man es nicht festmacht. Als Art Brut, die von allem zehrt, das nach Kotze riecht oder klingt - als Wechselspiel aus Jazzcore-, Noise- und Black-Metal-Brocken, gefetzt von Mattins Gitarre und dem blökenden, röhrenden, kirrenden Saxofon von Dario Fariello, und stillen Löchern, die Bryngelssons primitive und monotone Schläge nur notdürftig überbrücken. Ab und zu bekommt man auch nur was gehustet oder ein No No No an den Kopf geworfen. Und zuletzt groovt Bryngelsson minutenlang ein kakophones und stumpfsinniges Immer­soweiter. Ja, Ihr da, Regel #1: Glotzt nicht so konsumistisch. Allerdings ist das noch halbwegs einsichtig im Vergleich zu Licking Ears (Edition Erich Schmid, CDr), einer Performance von MATTIN in kompletter Finsternis, mit dem Publikum als 'Instrument'. Er 'bespielte' es, indem er Leuten was ins Ohr flüsterte, was den übrigen freilich unverständlich blieb. Es war die Frage, ob er ihnen das Ohr lecken dürfte. Bei de­nen, die sich das gefallen ließen, tat er es offenbar, bevor er, von niemanden im Dunkeln je gesehen, den Raum verließ. Ich glaub, mein Hipster bohnert. OK, Lucys "Iiiiih, ein Hund hatmich geküsst!" bleibt einem erspart, oder vorenthalten, je nachdem. Der Tonträger liefert das Gewisper nun nah genug, um fast die Lippen zu spüren. Ob freilich so ein irritierender Kitzel ausreicht, um gegen die apokalyptischen Reiter Beherrschen, Verwerten, Er­schöpfen & Zerstören, wie Eva von Redecker sie nennt (in "Revolution für das Leben. Philosophie der neuen Protestformen"), neue Fußsoldaten in Stellung zu bringen? [BA 112 rbd]


Ox-Fanzine Ausgabe #159 (Dezember 2021)

Passendere Worte, um einem Label einen Namen zu geben, sind bisher noch nicht entdeckt worden: At War With False Noise. Der Imperativ „DIY or don’t“ verleiht der aufrichtigen Ausrichtung Nachdruck. REGLER lösen beide Kategorien ein, denn es ist definitiv der richtige Krach und selbstgemacht. Der Albumtitel „Regel #11 (No Wave)“ umfasst die Einsortierung in ein Genre und bildet außerdem ab, die wievielte Veröffentlichung des Duos es ist. REGLER stehen für Reduktionismus ein und stellten schon unter anderem die Musikrichtungen Classical Music, Blues, Harsh-Noise-Wall, Metal und Techno auf den Kopf – und das grundsätzlich nur unter Verwendung des üblichen Rock-Instrumentariums. Nun also No Wave, eine musikalische Bewegung, die sich nur aus der Negation, aus der Ablehnung heraus charakterisiert. REGLER geben dem kategorialen Nein von No Wave eine aufs Pointierteste heruntergebrochene Gestalt. Nächste Station: „Regel #12 (Schlager)“.

Blow Up Magazine #282 November 2021